Endlich ist es soweit: Der erste Satz Texte und Videos aus dem Projekt "Degrowth in Bewegung(en)" ist jetzt online. Hier beleuchten Vertreter*innen verschiedenster sozialer Bewegungen das Thema Degrowth und benennen aus ihrer Sicht die Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie Kritikpunkte an Degrowth. Ziel des Projekts ist ein offener Dialog- und Vernetzungsprozess, der den Austausch, das gegenseitige Lernen und die Entwicklung gemeinsamer Strategien fördern will.
Als ich 2013 zum Organisationsteam der Leipziger Degrowth-Konferenz stieß, hoffte ich noch naiverweise, Degrowth könne der konzeptuelle Rahmen sein, der die bunten und vielfältigen Bewegungen für einen umfassenden sozial-ökologischen Wandel zu einer kraftvollen neuen Bewegung zusammenführt. Denn einerseits orientieren sie sich alle an gemeinsamen Werten wie Kooperation, Solidarität, Selbstbestimmung und globaler sozialer und ökologischer Gerechtigkeit, kurz: dem guten Leben für Alle bei achtsamem Umgang mit der Erde und anderen Lebewesen. Andererseits ist die Abkehr von der Orientierung an immerwährendem Wirtschaftswachstum oder gar vom Kapitalismus eine Grundvoraussetzung für die Umsetzung dieser Werte. Und die Degrowth-Bewegung selbst ist offen, bunt und vielfältig genug, um Anknüpfungspunkte für die vielen Alternativen bieten zu können.
Schnell, nicht zuletzt auf der Leipziger Konferenz selber, musst ich jedoch lernen: Noch bunter und vielfältiger sind diese Alternativen in ihrer Gesamtheit, und so verwehren sie sich mit Recht der Reduktion auf ein bestimmtes Konzept, sei es noch so offen und transformativ. Gleichzeitig aber träumen sie den Traum einer breiten, kraftvollen sozialen Bewegung, die der kapitalistischen Megamaschine mit all ihren zerstörerischen Auswirkungen die Stirn bieten und zeigen kann, wie viele Menschen es schon sind, die Wirtschaft und Gesellschaft von Grund auf anders denken und leben wollen.
Im Spannungsfeld zwischen der Vielfalt der thematischen Ausrichtungen der einzelnen Bewegungen und dem Wunsch nach mehr Vernetzung und gemeinsamer politischer Sichtbarkeit will das Projekt „Degrowth in Bewegung(en)“ Räume für gegenseitiges Verstehen öffnen. Dazu gehört auch, bestehende Skepsis, Vorurteile und Missverständnisse gegenüber anderen Perspektiven zu diskutieren und die eigene Sichtweise dem kritischen Blick anderer zu öffnen. Um dies zu ermöglichen, beantworteten die beteiligten Autor*innen die folgenden Fragen:
Die Texte und Videos, die diese Fragen beantworten und so Degrowth im Spiegel anderer emanzipatorischer Bewegungen zeigen, sind dabei nur ein erster Schritt: Schon im Oktober wird es ein erstes Treffen aller Akteur*innen geben. Auf einem weiteren Treffen im Frühjahr 2017 sollen die dort gewonnenen Erkenntnisse auch in Buchform erscheinen und mit mehr Vertreter*innen der verschiedenen Bewegungen diskutiert werden.
Das Spannendste an der Lektüre ist, dass sie, egal ob man in der Thematik neu ist oder sich schon lange mit den verschiedensten Alternativen beschäftigt, zu einem Perspektivwechsel und der Erweiterung der eigenen Sichtweise anregt. Gedanken wie "stimmt, so kann man das ja auch sehen", "wie interessant, daran hatte ich noch gar nicht gedacht" oder "ja, das muss ich in Zukunft mehr berücksichtigen, da hatte ich einen blinden Fleck" tauchen auf und machen Lust, andere Bewegungen und Akteur*innen näher kennenzulernen.
Damit es nicht zu viel Lesestoff auf einmal ist, werden die Texte in mehreren Etappen veröffentlicht. Es lohnt sich also, immer mal wieder auf der Projektseite vorbeizuschauen. Viel Spaß beim Stöbern!
The fifth international Degrowth Conference is over, the call to host the sixth has been opened. A lot could be said about the conference, yet I do not intend to give a comprehensive overview, nor examine how it stands in relation with the former conferences. Instead, I want to share five aspects of the conference, which I found particularly insightful. 1. A Degrowth Conference in Hungary? ...
Von Felicitas Sommer "Ihr wart Teil eines Experiments" sagt einer der beiden Hauptkoordinatoren am ersten Tag der Konferenz, zur Begrüßung der über 2000 zuhörenden Menschen „Ihr konntet zahlen, was ihr wolltet.“ Der Mindestpreis pro Teilnehmer_in betrug 15 Euro. Das ist etwas mehr als die Raummiete der Universität Leipzig für eine Woche, also nur ein Bruchteil der Gesamtkosten für die Konfer...
Vor einiger Zeit habe ich mich bei einer Wanderung mit dem Vater einer guten Freundin unterhalten. Er kommt selbst aus armen Verhältnissen, ist in den 1950er Jahren geboren und war das älteste von drei Kindern seiner alleinerziehenden Mutter. Inzwischen ist er ein weltbekannter Professor und sieht seine drei Kinder meist zufällig, wenn er gerade mal [...]