Seit Anfang September sind alle Texte, Videos und Audiobeiträge des Multimedia-Veröffentlichungspojektes „Degrowth in Bewegung(en)“ online. In diesem Projekt schreiben Menschen aus 31 sozialen Bewegungen und alternativeökonomischen Strömungen – von der Anti-Kohle-Bewegung über Commons bis zu Gewerkschaften und Urban-Gardening – über ihre jeweilige Vision, ihre Aktivitäten sowie ihr Verhältnis zu Degrowth und anderen sozialen Bewegungen. Die Beiträge zeigen, dass es auch in Zeiten von demokratischer Verunsicherung und Rechtsruck schon heute vielfältige gelebte Alternativen gibt. Am 6. Oktober haben sich nun knapp 30 Autor_innen unter Beteiligung von Beobachter_innen mit den Herausgebenden in Berlin getroffen, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Was haben wir durch das Projekt gelernt? Wo sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erkennen? Wie können wir uns gegenseitig bereichern? Und wie geht es weiter?
Zunächst lässt sich festhalten: Es hat sich gelohnt. Alle Teilnehmenden haben das Projekt als bereichernd und lehrreich empfunden und sehen Potential für eine strategische Weiterentwicklung dieses Dialogs. Die Autor_innen fanden den Austausch spannend und haben Interesse, zusammen weiter zu reflektieren, Schnittmengen herauszuarbeiten, und mögliche gemeinsame Projekte zu finden. Obwohl viele Menschen dabei waren, die sich in sehr verschiedenen Kontexten und Netzwerken bewegen und dadurch viel Wissen über andere Ansätze mitbringen, haben sie durch die Beiträge Neues gelernt.
Der Fokus unseres Treffens lag auf kleinen Arbeitsgruppen, in denen sich die Autor_innen über Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie gegenseitige Anregungen ausgetauscht haben. Auch wenn dies, wie mensch sich leicht vorstellen kann, bei so vielen, auf unterschiedlichen Ebenen und mit weit auseinander liegenden Ansätzen arbeitenden Bewegungen nicht ganz einfach war, haben sich einige interessante Punkte herauskristallisiert: Gemeinsam ist den Bewegungen grundsätzlich das Streben nach einem guten Leben für alle. Dabei haben wir aber auch festgestellt, dass die Mehrheit der Bewegungen zwar eine globale Perspektive hat, diese aber unterschiedlich stark betont bzw. praktisch umgesetzt wird. Außerdem teilen die am Projekt beteiligten Bewegungen einen pluralistischen Ansatz, bei dem keine Bewegung im Zentrum steht, sondern die verschiedenen Herangehensweisen gleichwertig nebeneinander bestehen. Weiter ist vielen der Bewegungen gemeinsam, dass der Großteil der hierin Aktiven weiß ist, einen akademischen Hintergrund hat und aus der Mittelklasse stammt. Darum, welche Folgen eine einseitige Zusammensetzung der Bewegungen für Inklusion, Multiperspektivität und Anschlussfähigkeit hat, drehte sich ein wichtiger Teil der Diskussion auf unserem Treffen. Diese konnte zwar nicht zu Ende geführt werden, hat aber Denkanstöße zur Reflektion der eigenen Zusammensetzung gegeben.
Am stärksten zeigten sich die Unterschiede zwischen den verschiedenen Initiativen und Bewegungen bei den Transformationsstrategien: Während viele Bewegungen gesellschaftliche Konflikte als notwendigen Teil von Gesellschaftsveränderung sehen und entsprechend ihre Strategien ausrichten, setzen andere Akteure eher auf Anschlussfähigkeit, Offenheit und die Stärkung von Alternativen. Aus dem Arbeitsgruppen ging auch hervor, dass es aufgrund der unterschiedlichen Vorstellungen von gesellschaftlichem Wandel auch verschiedene Ideen gibt, wie es mit dem Projekt weitergehen könnte. Einige wünschen sich gemeinsame Kampagnen und Projekte, andere wollen Gemeinsamkeiten und Schnittmengen formulieren und nach außen tragen, und einige fordern die Beteiligung an den Kämpfen anderer. Wir werden diese Fragen in einem (oder mehreren) weiteren Treffen aufgreifen.
Auch wenn die Anregungen der Bewegungen untereinander und an Degrowth sehr divers waren, gibt es von allen Beiträgen viel zu lernen. Dabei zeigte sich besonders, wie stark die Anregungen nur aus dem Kontext der jeweiligen Bewegung – deren Geschichte, Strategien und Erfahrungen – verständlich werden. Sie können aber umso mehr Kraft gewinnen, je intensiver man sich mit ihnen beschäftigt. Eine wichtige inhaltliche Anregung aus der postkolonialen Perspektive – nicht nur für Degrowth – war beispielsweise, Ausbeutung und Wirtschafts-/Gesellschaftsverhältnisse in einem historischen Kontext nicht auf die Zeit der Industrialisierung zu reduzieren, sondern 500 Jahre Kolonialgeschichte mitzudenken. (Wobei: Fabian Scheidler zeigt in seinem Buch „Megamaschine“ und einem kürzlichen Blogartikel auf, dass in 2.000 Jahren christlich-abendländische „Zivilisationsgeschichte“ immer auf Expansion und Ausbeutung gesetzt wurde, wir also eigentlich noch weiter zurückgehen müssten.)
Natürlich hängen die Anregungen an Degrowth oder Postwachstum stark davon ab, mit welcher Spielart die Autor_innen vertraut sind. So teilten nicht alle Autor_innen das Verständnis von Degrowth von uns Editor_innen, wie wir sie im Degrowth-Artikel dargestellt haben. Während einige ihre Unzufriedenheit mit konservativen oder rein suffizienz-orientierten Ansätzen ausdrückten, die in der deutschsprachigen Debatte häufig überrepräsentiert sind, und deshalb forderten, sich stärker anti-kapitalistisch zu positionieren, fanden andere Degrowth systemkritisch und eher radikal. In jedem Fall fanden es alle lohnenswert, dass sich diejenigen, die sich mit Wachstumskritik und sozial-ökologischen Alternativen auseinandersetzen, die kurzen Texte mit ihren geballten Erfahrungen und Anregungen lesen.
Das Treffen hat erneut die Stärke von Degrowth deutlich gemacht, soziale, ökologische und demokratische Belange zusammenzubringen: Durch diesen inhaltlichen Bezugspunkt kommen viele Bewegungen zusammen und durchlaufen einen gemeinsamen Lernprozess, der neue Perspektiven auf möglicherweise vernachlässigte Aspekte eröffnet. Wir als Editor_innen-Team empfanden den Austausch bislang als fruchtbar und freuen uns auf den weiteren Verlauf des Projekts. Die gemeinsame Diskussion werden wir in einer Tagung im Frühjahr mit Autor_innen und weiteren Menschen aus den Bewegungen vertiefen. Außerdem ist für 2017 eine Veröffentlichung der Beiträge in einem Buch im oekom-Verlag geplant und eine Veranstaltungsreihe, um das Buch vorzustellen.
By Kiran Pereira If you want to know the ‘most consumed raw material on earth’ look no further! Sand and gravel have overtaken even water on this front. Yet, not many people would think about sand unless they wanted to go on holiday to a beach! This resource exerts a hegemony that is unrivalled. From the mundane to the mystical, the uses of sand are far too numerous to list exhaustively here. ...
Der Wachstumsdiskurs muss im redlichen Sinne die Gründe erwägen, die für oder gegen Wachstum und bestimmte Wachstumsformen sprechen. Er hat darüber hinaus aber auch unvermeidbares Wachstum zu berücksichtigen und zu klären, wie damit in zumutbarer Weise umzugehen ist. Ich glaube, dass der Begriff der Subsistenz eine Orientierung dazu bietet. Im Beitrag erläutere ich, was ich [...]
Dieser Artikel ist im Rahmen der Theoriewerkstatt zu Wachstumszwängen entstanden. Wir wollen im ersten Teil dieses Artikels beleuchten, warum die klassischen Wirtschaftswissenschaften Wirtschaftswachstum für notwendig halten, um die Konsumwünsche einer Bevölkerung zu befriedigen, sowie die Fragwürdigkeit dieser Annahme offen legen. Um es nicht bei der Kritik zu belassen, stellen wir im zweiten Teil mögliche [...]