Logo degrowth

Blog

Schmuggel, Drogenhandel und Prostitution steigern ab September das Bruttoinlandsprodukt

11.08.2014

Von Irmi Seidl und Angelika Zahrnt

Das Statistische Bundesamt schreibt trocken: „Vor dem Hintergrund der steigenden Anforderungen an die Vergleichbarkeit des BIP hat die Europäische Kommission die Mitgliedsstaaten nun aufgefordert, auch verbotene Produktionsaktivitäten spätestens ab September 2014 in das BIP einzubeziehen. Konkret geht es dabei um Drogen, Schmuggel und Prostitution, die EU-weit als signifikant gelten.“ (Statistisches Bundesamt). Wer auch wissen will, wie das Statistische Bundesamt zu den Zahlen kommen wird, der lese dieses Dokument.

Mafiöse Aktivitäten werden gesellschaftsfähig! Es lebe Europa als Wertegemeinschaft!

Die statistischen Ämter sagen aktuell noch nichts über das zu erwartende BIP-Wachstum, sondern verweisen auf September 2014. Dann dürfte das BIP in manchen Ländern durchaus einen Sprung machen, weniger in Deutschland, wo Drogen- und Schmuggelaktivitäten das BIP 0,1% erhöhen dürften, aber in anderen Ländern durchaus mehr: Z.B. in Spanien, denn es ist laut El Mundo der Drogendealer Europas. Italien kann sein BIP dank den Aktivitäten der verschiedenen Mafia-Clans auffrisieren. Die süditalienische Mafia Ndrangheta hatte 2013 einen Jahresumsatz von 53 Milliarden Euro (2,7% des italienischen Bruttoinlandsprodukts). Die anderen Clans dürften noch weiteres beibringen. Zwar gehen - noch nicht? - alle Mafiaaktivitäten ins BIP ein, gleichwohl: Mafiöse Aktivitäten werden gesellschaftsfähig! Es lebe Europa als Wertegemeinschaft!

Druck der Ratingagenturen dürften der Grund für diese Verletzung von Rechtskultur und gesellschaftlich-zivilisatorischen Werten sein!

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen erscheint der Hinweis des designierten EU-Kommissionspräsidenten Juncker in seiner Rede vom 15.7.14 in neuem Licht: An den Stabilitätsversprechen werde nicht gerüttelt, aber technische Änderungen kämen in Betracht! Hat er da an die „technische“ Änderung der Berechnungsmethode des BIP gedacht?

Wohl weniger die statistisch-bürokratische Vergleichbarkeit als vielmehr der Druck, ein höheres BIP aufzuweisen, um besser vor den Ratingagenturen dazustehen und näher an die verschiedenen Stabilitätskennziffern zu kommen, dürften der Grund für diese Verletzung von Rechtskultur und gesellschaftlich-zivilisatorischen Werten sein. Eine still und leise gesetzte Verletzung, ohne öffentliche Diskussion und gerechtfertigt als statistischer Sachzwang! Wie soll das BIP ernsthaft für die Steuerung von Wirtschaft und Gesellschaft zugunsten des Gemeinwohls eingesetzt werden können?

Das BIP hat definitiv keine Legitimation mehr!

Feministinnen kritisieren schon seit Jahrzehnten, dass es volkswirtschaftlich vorteilhafter ist, wenn Haus-, Erziehungs-, Sorgearbeit mit Lohn entgolten, statt innerhalb einer Familie unentgeltlich geleistet wird, und sie fordern seither, zumindest das geldliche Äquivalent dieser Leistungen in das BIP einzubeziehen. Nach den neusten Anpassungen schafft also weiter nicht die unentgeltliche Familienarbeit volkswirtschaftlichen Wert, sondern wir werden leistungsfähiger, wenn der Drogenhandel blüht, Osteuropäerinnen nach Westeuropa geschleust werden, um sich zu prostituieren, und Zigaretten geschmuggelt werden! Das BIP hat definitiv keine Legitimation mehr!

Kommentieren Sie diesen Artikel auf dem Blog Postwachstum

Share on the corporate technosphere


Our republication policy

Support us

Blog

Sorge ins Zentrum einer Alternative zum Kapitalismus

Carerevolution sticker

By: Autor_innenkollektiv Werkstatt Care Revolution

Unter dem Begriff der Care Revolution entstand in den letzten Jahren eine Bewegung, die Sorgetätigkeiten zum Ausgangspunkt für gesellschaftliche Transformation nimmt. Unter Sorge – dieses Wort verwenden wir synonym zu Care – verstehen wir beispielsweise Pflegen, Trösten, Kochen, Betreuung oder Beratung, kurz gesagt all jenes, womit sich Menschen um das Wohlergehen und die persönliche Entwicklun...

Blog

Degrowth & the Climate Crisis – from a Climate Justice Perspective

By: Lyda Fernanda Forero

By Lyda Fernanda Forero There is an increasing consensus on the need and urgency to tackle climate change and its consequences. This consensus is reinforced by the human and environmental disasters (tragedies) that occur every year due to extreme climate events, such as the typhoons of growing intensity including Haiyan(2013) in the Philippines or the hurricanes that devastate Central America....

Blog

Degrowth Konkret: Call for Courses geöffnet!

Klimacamp3

Für unsere Degrowth Konkret - Klimagerechtigkeit Sommerschule 2015 suchen wir noch nach Anbieter*innen von Kursen. Die Sommerschule findet vom 9. bis 14. August 2015 im Braunkohleabbaugebiet Rheinland zusammen mit dem Klimcamp statt. Die Kurse sollen als Herzstück der Veranstaltung 4 oder 2 Tage lang laufen und damit die Möglichkeit zur Themenvertiefung bieten. Eine bestimmte Form oder Struktur...