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Unternehmensworkshop „Zukunftsfähig wachsen? Unternehmen zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit“

04.08.2014

Von Jana Gebauer

In Diskussionen mit unternehmerischen Akteuren zum Thema Unternehmenswachstum und Wachstumskritik ist eine der ersten Rückfragen regelmäßig: Welches Wachstum ist denn gemeint? Auch die Teilnehmenden des Workshops „Zukunftsfähig wachsen? Unternehmen zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit“ (IÖW/GLS Bank) verbanden mit Wachstum eine Vielzahl von Indikatoren, die sie für ihre eigenen Unternehmungen mit unterschiedlichem Gewicht versehen. Aus der nachhaltigkeitsorientierten Postwachstumsperspektive, die inhärente Grenzen des Wirtschaftswachstums anerkennt, dominieren dabei in der Regel Kenngrößen der eigenen Qualität und Entwicklung, die zugleich einen ‚unter dem Strich‘ positiven gesellschaftlichen Beitrag des Unternehmens ermöglichen.

Aus einer Postwachstumsperspektive verändern sich sowohl die Herausforderungen als auch die Möglichkeiten und Wege für unternehmerisches Handeln. Die Workshop-Teilnehmenden hoben insbesondere die selbstbestimmte Entscheidung eines Unternehmens über seine Wachstumsorientierung, die gezielte Erweiterung unternehmerischer Handlungsspielräume sowie die Notwendigkeit des Austausches und der Vernetzung für wachstumsneutrales Wirtschaften hervor.

Kann unternehmerisches Wachstum auch nachhaltig sein?

Die Auseinandersetzung mit der Größe und dem Erhalt des eigenen Unternehmens ist vor allem auf nicht-wachsenden Märkten virulent, aber durchaus auch auf wachsenden Märkten, wenn sich die Wettbewerbsintensität erhöht. Um flexibel zu bleiben, bedarf es mitunter bereits in Wachstumsphasen der aktiven Entscheidung gegen weiteres Wachstum und für verstärkte Kooperation. Bei dieser Entscheidung muss unter anderem geprüft werden, wie weit der bisherige Bestand an Kund/innen oder Kapazitäten trägt und ob man den Druck eher erhöht, wenn man die Konkurrenz stärkt, indem man selbst etwa einen Großauftrag ablehnt.

Wachstumsneutralität ist aus Sicht der Teilnehmenden in kleineren Unternehmen leichter auszuprobieren. Der Stellschraube „klein bleiben und in Qualitäten investieren“ wurden allerdings Unternehmensbeispiele gegenübergestellt, die zeigen, dass Unternehmenswachstum aus Nachhaltigkeitssicht durchaus sinnvoll sein kann: wenn dadurch letztlich Unternehmen oder Produkte bzw. Geschäftsmodelle verdrängt werden, die weniger nachhaltig sind.

Unternehmerische Handlungsspielräume lassen sich aus Sicht der Teilnehmenden auch innerhalb von Wachstumsgrenzen durchaus erweitern. Damit ein Gewinn an Flexibilität und Selbstbestimmung entsteht, ist zunächst grundsätzlich der Blick auf bzw. für Alternativen zu öffnen. Dies betrifft die Finanzierungswege und Geschäftsmodelle ebenso wie die Werte und Kenngrößen, die verfolgt, oder die Partnerschaften, die eingegangen werden. Basis hierfür ist, die Frage nach dem Sinn und den tatsächlichen Bedürfnissen etwa mit Blick auf das eigene Angebot, die Arbeitsbedingungen oder die Rendite (immer wieder) zu stellen – und selbstkritisch zu beantworten.

Postwachstumsunternehmen wirtschaften kollaborativ

Bei allen im Workshop diskutierten Themen spielte die Zusammenarbeit mit anderen eine große Rolle. Aus der Postwachstumsperspektive wird einmal mehr bedeutsam, Gleichgesinnte zu finden und mit ihnen zusammenzuarbeiten. Dies spricht zum einen die Akteure und Interessengemeinschaften an, die bereits mit Ansätzen alternativen und kollaborativen Wirtschaftens arbeiten und die zum Teil auch durch die Teilnehmenden repräsentiert wurden. Hier steht im Vordergrund, voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu stärken oder gemeinsames Lobbying zu betreiben. Zum anderen bedürfen soziale und ökologische Verbesserungen solcher Ansätze gemeinsamer Wertschöpfung, die Kompetenzen ergänzen und erweitern, Innovationen generieren und verbreiten, Kreisläufe schließen usw. Dabei wurden immer wieder auch Grenzen oder Risiken einer über die übliche Arbeitsteilung hinausreichenden Zusammenarbeit diskutiert, die vor allem Fragen von Aufwand, Verantwortung und Vertrauen betreffen. Kollaboration sollte daher mit klaren Regeln und Erwartungsmanagement so gestaltet werden, dass die Vorteile auch tatsächlich zum Tragen kommen.

Rahmenbedingungen für das Unternehmenshandeln wurden vor allem auf der kulturellen Ebene angesprochen. Angesichts des wachstumsfixierten Fortschrittsbegriffs, der negative gesellschaftliche Entwicklungen stetig verstärkt und zugleich den Wachstumsdruck auf die einzelnen Unternehmen erhöht, ist aus Sicht der Teilnehmenden ein substanzieller Kultur- und Wertewandel erforderlich. Dann wäre eine Entscheidung, als Unternehmen größenmäßig nicht weiter zu wachsen, in der öffentlichen Wahrnehmung auch kein Signal des Versagens mehr, sondern positiv etwa mit Kompetenz und Gelassenheit belegt. Die Rolle von Regulierung wurde von den Teilnehmenden ambivalent diskutiert – ein klarer Rahmen wird vor allem bezüglich Transparenz und Kontrolle erwartet und gerade Pionierleistungen sollten unterstützt und belohnt werden. Mehr jedoch ging es den Teilnehmenden darum, selbst und gemeinsam aktiv zu werden.

Postwachstumsunternehmen brauchen eine gemeinsame Plattform

Die Teilnehmenden waren tendenziell „postwachstumsorientiert“ aufgestellt, was die Diskussionsergebnisse sicher auch spiegeln. In einer eingangs gestellten Punktabfrage zu ihrem obersten unternehmerischen Erfolgskriterium war es ihnen vor allem wichtig, mit ihren Produkten und Dienstleistungen gesellschaftliche (soziale und/ oder ökologische) Probleme zu lösen, einen hohen Kundennutzen und damit Zufriedenheit der Kund/innen zu erzielen sowie Anforderungen guter Arbeit umzusetzen, um eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit zu erreichen. Quantitative Zielgrößen wurden quasi nicht genannt. Allerdings sahen sie ihre aktuell größten Herausforderungen auch und gerade darin, den Unternehmenserhalt zu sichern, Kooperationspartner zu finden, Qualitäten zu gewährleisten sowie Innovationen hervorzubringen und zu vertreiben. Dies zeigt, wie bedeutsam es ist, solchen Unternehmen eine Plattform zum Austausch, zur Vernetzung und Befähigung zu bieten, um ihre Ansätze so weiterzuentwickeln, zu verstetigen und zu skalieren, dass tatsächlich ein substanzieller Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung entsteht.

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Die Veranstaltung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der GLS Bank fand am 01. Juli 2014 von 11 bis 17 Uhr in den Räumen der GLS Bank in Frankfurt/ Main statt.

Weitere Informationen wie das Programm und die Gesamtauswertung des Workshops sind erhältlich unter www.postwachstumspioniere.de.

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